Wer mit einem Elektroauto das Abenteuer Camping angehen möchte, kann das heute bereits tun, allerdings nicht ohne Einschränkungen und Hindernisse. Wo genau die Herausforderungen liegen, wie sie gelöst werden können und was in Zukunft verändert werden muss damit auch E-Auto Fahrer das volle Camper-Potenzial entfalten können, erfährst du in diesem Beitrag!
Das E-Auto und die Zuglast
Tief in der Verbrenner Welt, machen sich die wenigsten Gedanken darüber, ob ihr Auto genügend Anhängelast besitzt um einen kleinen Wohnwagen zu fahren. Die Antwort wird nämlich ohnehin meistens „Ja“ lauten. Bei einem Elektroauto ist das noch anders. Einerseits, gibt es gar nicht so viele Modelle welche überhaupt eine Anhängerkupplung bieten, andererseits sind die Anhängelasten häufig sehr gering. Ein einfacher Anhänger oder ein Zeltanhänger sind sicher möglich, aber bei einem Wohnwagen wird es dann doch sehr schnell eng. Es ist wirklich wichtig, bei der Wahl des E-Autos bereits eine konkrete Vorstellung davon zu haben, wie groß bzw. wie schwer der zukünftige Wohnwagen ausfallen soll. Hinterher ist der Ärger groß, wenn die benötigte Kraft fehlt oder man plötzlich Abstriche machen muss.
Mit 1000 kg Anhängelast lässt sich bereits ein kleiner Wohnwagen an das E-Auto Kuppeln, allerdings nur unter Berücksichtigung der Zuladung, denn diese dürfte dann gering ausfallen. Folgende Modelle bieten Anhängelasten von 1000 kg:
Tesla Model 3
Skoda Enyaq iV
VW iD Buzz
Wer etwas mehr und sich im Rahmen von 1200 – 1600 kg bewegen möchte, der sollte folgende Modelle seine Aufmerksamkeit schenken:
Tesla Model Y
VW iD.4/iD.5
Polestar 2
Hyundai IONIQ 5
Und wer die 2 Tonnen Marke knacken möchte, für denjenigen wird die Auswahl bereits sehr dürftig. Z.B. folgende Modelle kommen dann in Frage:
Tesla Model X
BMW iX
Alles in allem sind die Modell mit hohen Zuglasten noch rar gesägt und es braucht hier dringend mehr Auswahl. Große schwere Wohnwagen brauchen aber nicht nur ein Zugfahrzeug mit hoher Anhängelast, sondern auch mit entsprechender Batterie, damit die Reichweite auch weiterhin ausreichend ist.
Autonomie beim E-Auto Camping
Es ist, als wäre das Elektroauto wie für das Camping gemacht. Mit einem großen Akku an Board kann es – theoretisch – einen Wohnwagen tagelang mit Strom versorgen, ohne an die Steckdose zu müssen. Allerdings muss dafür die grundsätzliche Anforderung von V2L/V2H erfüllt sein. Was bedeutet das? Das E-Auto muss in der Lage sein, nicht nur Strom zu laden, sondern auf abgeben zu können. Einige E-Autos können dies bereits, leider noch nicht alle. Tesla bietet so etwas, Stand jetzt, noch gar nicht an – es wurde jedoch angekündigt! Wie cool wäre es, einfach irgendwo stehen zu bleiben mit seinem E-Auto den Wohnwagen mit Strom versorgen zu können. Ein Stück Autarkie! Zugleich ist der Strom vermutlich sogar günstiger als an den Campingplätzen. Und mal Hand aufs Herz: Wer brauch noch eine separate Solaranlage auf seinem Caravan, wenn auch eine 50 kWh Batterie im Auto schlummert?
Hier muss es noch nicht aufhören, nein, denn E-Auto Camping kann mit neuen Innovationen auch weiter gedacht werden. Das beweist beispielsweise eindrucksvoll der Hersteller Knaus mit seiner E.Power Technologie. Es sind genau diese Punkte, wo die E-Mobilität ihre Stärken ausspielen und der Welt zeigen kann wie es laufen kann. Allerdings ist es eben wichtig, dass auch das Zugfahrzeug die Option bietet Strom abzugeben. Mit der Zeit dürften hier noch weitere Modelle aus dem Boden sprießen und das Camping einer kleinen Revolution unterziehen.
Luftwiderstand: Camper müssen Aerodynamisch werden
Klar, so ein Wohnwagen an der Anhängerkupplung erhöht beim fahren den Luftwiderstand und damit unweigerlich auch den Verbrauch. Da ist es völlig irrelevant ob du mit einem E-Auto campen fährst oder noch einen Benziner/Diesel dein eigen nennst. Doch wissen wir, dass die allermeisten Elektroautos keine sehr große Batterie besitzen und in den meisten Fällen ist das auch gar nicht notwendig. Doch sobald ein Wohnwagen ins Spiel kommt, wäre eine größere Reichweite von Nutzen, da sich der Verbrauch signifikant erhöht, wie ihr z.B. hier in meinem Blogpost nachlesen könnt. Beim Verbrenner ist meistens noch genügend Tank da um am Ende auch mit einem Wohnwagen einige Kilometer über die Autobahn zu fahren, doch beim Elektroauto sieht das anders aus.
Ich bin mir sicher in Sachen Verbrauch und Energiedichte wird sich hier in der Welt der E-Mobilität noch einiges tun, doch bis dahin kann eine Menge Zeit vergehen und wenn wir ehrlich sind, soll das Plus an Reichweite ja auch nicht verschleudert werden. Daher braucht es besser gebaute Wohnwagen. Es gibt schon den einen oder anderen, wo der Luftwiderstand versucht wird zu verringern, doch sind wir da noch nicht am Ende der Fahnenstange. Meine Vision ist, dass wir hier mit intelligenten Designs den Verbrauch spürbar senken können – dann wäre auch das Campen mit kleiner Batterie im E-Auto kein Problem mehr. Schau dir mal den Carpento an. Er ist eher schlicht und hat keine allzu große Features, aber wer aktuell auf der Suche nach einem Bett auf Rädern ist, für den könnte der Carpento interessant sein.
Bessere Ladeinfrastruktur für E-Autos mit Wohnwagen
Eines der für mich größten Baustellen für das E-Auto Caravaning sind die Ladesäulen. Ja, es gibt inzwischen wirklich viele Ladesäulen und es werden auch fast täglich mehr. Allerdings lassen sich die allermeisten Säulen nicht mit einem Wohnwagen anfahren, was bedeutet, dass jedes mal der Wohnwagen abgekuppelt, geparkt und dann erst geladen werden kann. Innerstädtisch ist das eine absolute Katastrophe. Auf der Autobahn etwas entspannter, kostet aber Zeit und Kraft und beides will man im Urlaub ja nicht vergeuden.
Der Ladesäulenbetreiber Fastned aus den Niederlanden hat hier bereits mitgedacht, denn hier kann quer an eine Ladesäule gefahren werden. Aber selbst da hat man “verloren”, wenn die hintere und vordere Ladesäule bereits in Benutzung ist, denn dann seitwärts mit dem Wohnwagen an die Ladesäule zu fahren, ist dann auch wieder nicht das gelbe vom Ei. Es sollte, neben den klassischen Ladesäulen zusätzlich “freistehende” geben, im Stil von Zapfsäulen konventioneller Tankstellen. Hier wird niemand blockiert und es lässt sich sehr entspannt an die Säule fahren. Das nimmt natürlich eine Menge Platz weg, weshalb es nicht der Standard sein kann, aber ggf. kann hier in Zukunft bei Ladesäulen für elektrisch betriebene LKW bereits mitgedacht werden. Wenn diese parallel für Wohnwagenfahrer freigegeben sind, lässt es sich mit einem Gespann sehr beruhigt an eine Säule fahren. Gleichzeitig bietet der hier verfügbare Platz die Möglichkeit auch mit E-Wohnmobilen Ladepunkte zu schaffen. Um es zusammenfassen: Die Ladeinfrastruktur muss sich im Kern verbessern um den Trend der anhaltenden wachsenden Zahl an Campern gerecht werden zu können.
Zusammenfassung
Ich glaube nicht, dass Wohnwagen irgendwann mal eigene Antriebsbatterien bekommen, zumindest nicht als Serie. Auch wenn solch eine Batterie die Reichweite erhöhen könnte, ist der Kosten-Nutzen Vergleich, in meinen Augen, nicht mehr praxistauglich. Eine Batterie erhöht das Gewicht, was per se beim E-Auto Camping schon ein Problem darstellt, zeitgleich muss auch hier wieder die Ladeinfrastruktur angefasst werden, da wir plötzlich neue oder jeweils zwei Ladesäulen brauchen um zwei Geräte zu laden. Da macht das Reisen keinen Spaß.
Grundsätzlich ist, aus meiner Sicht, das E-Auto Camping bereits realisierbar, wenn auch mit Abstrichen in der Reichweite. Mit den oben genannten Änderungen, würde der Camping-Bereich aber deutlich Elektroauto-freundlicher werden und einem entspannten Urlaub steht dann auch nichts mehr im Wege. Realistisch denke ich, dass wir bereits in den kommenden 2-3 Jahren Veränderungen an den Caravans selbst feststellen werden um weiter mit der “neuen” Antriebstechnologie zu harmonieren. Bei der Ladeinfrastruktur bin ich mir jedoch unsicher, vielleicht sogar eher pessimistisch. Da erwarte ich keine großen Änderungen in absehbarer Zeit.
Was denkst du, wie wird sich das Camping im Hinblick auf die Elektroautobranche verändern? Fährst du vielleicht sogar ein E-Auto und hast auch einen Wohnwagen? Was würdest du dir für Änderungen wünschen? Ich würde mich freuen, wenn du dich mit mir in den Kommentaren darüber austauschen möchtest.
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