Ich bin vor einiger Zeit umgezogen und der neue Wohnort liegt so weit ländlich, dass ich gefühlt im Jahr 1995 angekommen bin. Die Einwohnerzahl ist dreistellig, Busse fahren so gut wie gar nicht und nicht einmal ein kleines Einkaufslädchen existiert in dieser Gegend. Da ich viel aus dem HomeOffice heraus arbeite, hatte ich zum Einzug ein zusätzliches Problem, denn auch eine Internetversorgung ist hier praktisch nicht existent. Zwar habe ich die Firma TNG bereits angehauen, zwecks Verlegung eines Glasfaser-Anschlusses, doch kann die Umsetzung noch etwas dauern. Was also tun? Die Lösung ist heutzutage so simpel, dass sie mir erst viel später in den Sinn kam: Starlink von SpaceX!
Was ist Starlink? Elon Musks Vision vom globalen Satelliteninternet
Er baut Elektroautos, er produziert extrem gute Solarpanele und er schickt Raketen ins All – Elon Musk hatte in der Vergangenheit viele Ideen, welche die Lebensweise vieler Menschen ändern könnte (oder bereits hat). Mit Starlink baute Elon Musk ein Netz bestehend aus tausenden Satelliten in erdnaher Umlaufbahn auf, welche auch in abgelegenen Gebieten einen schnellen Internetanschluss zur Verfügung stellen. Das Netz ist heute schon da, und lässt sich nutzen und doch wird weiterhin daran gearbeitet, es noch größer und schneller werden zu lassen.
Das besondere an Starlink: Es ist eigentlich nur ein Router und eine Satellitenschüssel in kompakter Bauweise. Es braucht praktisch nur noch Strom, um online gehen zu können. Damit ist dieser Internetanschluss nicht nur stationär eine gute Sache, sondern auch mobil nutzbar, was ich ebenfalls attraktiv fand. Ich war dieses Jahr zum campen an der Zugspitze und hatte dort zwar maximalen 5G Empfang, doch war die Latenz so miserabel, dass es sich anfühlte, als hätte ich gar kein Internet. Mit Starlink gehören solche Probleme der Vergangenheit an. Alles, was es neben dem Strom dann noch braucht, ist eine freie Sicht auf den Himmel, und schon taucht man in niedrige Latenzen mit hoher Bandbreite ein.
Installation und Einrichtung: Mein Weg zum Starlink-Anschluss
Nachdem an meinem Haus nicht nur das DSL kaum Geschwindigkeit liefert (16mbit), gibt es hier auch keinen 5G Empfang – weder bei der Telekom, Vodafone noch O2. Mit LTE lässt es sich zwar halbwegs surfen, aber eben auch nur das. Videotelefonie bei einem 1:1 funktioniert nur mit schlechter Qualität und ruckelnd, was dann nicht nur anstrengend, sondern auch hochgradig nervig ist. Zudem käme ich hier beruflich an meine Grenzen, denn Telefonkonferenzen mit über 100 Leuten, wo auch alle ihre Kamera aktiviert haben, sind mit solch einem Anschluss nicht zu realisieren.
Die Wahl fiel nach langer Überlegung auf Starlink. Etwas skeptisch ob dies wirklich so gut funktioniert und abgeneigt von der Tatsache, dass ich zuerst Hardware für 350 Euro kaufen sollte, bestellte ich das Starlink Kit dann am Ende doch, denn ohne Internet geht es einfach nicht. Inzwischen lässt sich die Hardware für 10€/Monat sogar mieten. Für Übergangslösungen ist das eine feine Sache, da es dann unterm Strich einfach günstiger ist. Übrigens ist die Hardware-Miete sowie der Starlink Zugang monatlich kündbar. Sehr sexy, wie ich finde, denn so kann ich jederzeit meinen Vertrag mit SpaceX beenden – aber eben genau so jederzeit wieder aktivieren, falls es nötig ist. Nach Buchung ist das System binnen weniger Sekunden wieder freigeschalten, und es kann weitergehen. Wünschen würde ich mir noch sowas wie ein „Tagespass“. Denn wenn ich irgendwann einmal wirklich einen Glasfaseranschluss bekomme, und dieser Starlink in meinem Haushalt ablösen wird, dann wäre ein Fallback immer noch attraktiv. Wenn dann das Internet mal >gestört< ist, schnell einen Tagespass für Starlink gebucht und schon ist man wieder online. Auch für Kurztrips wäre so etwas spannend, denn andernfalls müsste man immer für einen Monat buchen, was dann eher nicht so toll ist.
Die Lieferung ließ nur wenige Tage auf sich warten. Angekommen ist eine sehr große Box in welcher die Empfangsschüssel und der Router enthalten war. Der Aufbau war, auch ohne Starlink Erfahrung, kinderleicht: Die Schüssel aufstellen, Kabel dran, das andere Ende des Kabel in den Router und vom Router in die Steckdose. Anschließend musste ich die Starlink-App herunterladen, öffnen und mich mit dem Router verbinden. Die Einrichtung geht dann von ganz allein, und kurz darauf war ich auch schon online. Ich besitze noch das alte, motorisierte Starlink, welches sich selbst ausrichtet. Das neue Starlink muss manuell ausgerichtet werden, dafür ist der Spiegel aber größer, sodass es vermutlich ebenfalls reichen dürfte, das gute Stück einfach aufzustellen.
Ich war mir an einer Stelle des Aufbaus jedoch unsicher, nämlich, wie ich das Kabel in das Haus lege. Die erste Idee war, Starlink auf das Dach zu montieren – hier hat der Spiegel freie Sicht auf den Himmel und das Kabel könnte ich einfach durch das Dach ins Haus führen, ggf. durch das Rohr, an dem Starlink verschraubt gewesen wäre. Allerdings hielt sich meine Lust in Grenzen ein Loch in das Dach zu zimmern. Ich habe also die Satellitenschüssel einfach in den Garten auf das Gewächshaus gestellt. Hier ist die Sicht stellenweise etwas eingeschränkt, das Aufstellen aber deutlich weniger aufwändig. Das Kabel selbst ist lang genug (ich hab es nicht nachgemessen, aber mind. 10 Meter, eher 15). Von dort hätte ich die Option gehabt, ein Loch in die Wand zu bohren oder den Router in die Garage zu legen. Letzteres wäre für das Netzwerk aber nicht sehr optimal gewesen. Ich hätte ein Netzwerkkabel vom Router durch die Garage in den Keller und von dort ins Haus an einen Access Point hängen müssen. Das Loch in der Wand als letzte Alternative, fand ich aber auch nicht so prickelnd – also klemmte ich es fachgerecht einfach zwischen das Fenster. Das hat ohne Probleme funktioniert, und das Kabel lebt nach einigen Monaten immer noch. 🙂 Ein bisschen „Pfusch am Bau“ muss erlaubt sein.
Leistung im Alltag: Geschwindigkeit, Latenz und Zuverlässigkeit
Zu allererst hatte ich Starlink auf die Garage gestellt, hier war jedoch ein Baum im Weg, was zu einigen Sekunden-Abbrüchen geführt hat, und zwar alle 10-15 Minuten. Von dort ging es dann direkt auf das Gewächshaus, auch hier ist die Sicht nicht komplett frei aber deutlich (!) besser. Seitdem gab es auch keine Abbrüche mehr. Der Down- und Upload ist ebenfalls auf einem guten Niveau. Der Upload bewegt sich immer so um die 30 Mbit/s, und der Download um die 200 Mbit/s; maximal erreichte ich hier auch schon 317 Mbit/s. Ziel von Elon Musk ist es, das Starlink irgendwann mal 1 Gbit/s übertragen können wird, dafür sind jedoch neue Satelliten und neue Spiegel nötig.
Spannend war für mich auch die Latenz. Internet aus dem All ist ja nichts Neues, SkyDSL gibt es schon seit Jahren, allerdings sind hier die Geschwindigkeiten nicht zeitgemäß und die Latenz unterirdisch. Ich habe gerade mal nachgesehen: Aktuell habe ich eine Latenz von 24ms, mein 15-Minuten-Median bei 19ms. Generell habe ich hier immer nur Zeiten unter 40ms, zumindest habe ich noch nie die 40 oder größer gesehen. Mit solchen Geschwindigkeiten lässt sich auch Online-Gaming mühelos realisieren, und ja, ich kann bestätigen dass dies funktioniert.
Übrigens: Manchmal sind die Satelliten mit den Bodenstationen anderer Länder verbunden, sodass es vorkommen kann, dass ein Service denkt, ihr kommt aus Spanien. Das passierte mir bisher nicht häufig und ist auch nicht weiter wild, kann aber mal nerven, wenn du versuchst dich irgendwo zu registrieren und dort ein Geo-Block läuft. Ich hatte jedenfalls die Situation, dass ich Meta Horizon Worlds nicht installieren konnte, da dies für Spanien noch nicht freigegeben war. Ansonsten gibt es aber nie Probleme – Nicht mit Streams wie Netflix oder MagentaTV, nicht mit irgendwelchen Websites oder irgendwelchen Spielen.
Stromverbrauch und Kosten: Nachteil für Starlink
Obwohl meine Erfahrung mit Starlink außerordentlich gut ist, und für Menschen welche in ländlichen Regionen leben, dies auch eine profane Lösung abseits der herkömmlichen Zugänge zum Internet darstellt, gibt es noch einen Nachteil, den man nicht aus den Augen lassen sollte: Der Stromverbrauch. Starlink frisst bei mir gut 35 Watt. Es geht aber auch mal über 100 Watt hoch. Grund ist meist die Heizung. Starlink hat eine integrierte Heizung, sodass z.B. bei Schnee dieser direkt schmilzt und nicht die Sicht verdeckt. Die Heizung ist intelligent und springt von selbst an (kann aber auch manuell gesteuert werden), was häufig bei sehr schlechtem Wetter mit Regen der Fall ist. Man könnte sagen, im Mittel liegt der Verbrauch dann so bei 50 Watt. Bei einem 24/7-Betrieb und einem angenommenen Strompreis von 35 Cent pro Kilowattstunde können so zusätzliche Kosten von etwa 155 Euro pro Jahr entstehen (438kwh/Jahr). Das entspricht monatlichen Mehrkosten von rund 13 Euro. Im Vergleich dazu verbraucht ein herkömmlicher Router wie die FRITZ!Box 7590 durchschnittlich nur 9 bis 10 Watt. Der Stromverbrauch kann etwas gedrückt werden, wenn du mit Zeitplänen arbeitest. Du kannst ganz simpel in der App einstellen, dass von z.B. 01:00 bis 06:00 Uhr die Schüssel deaktiviert werden soll.
Abgesehen vom höheren Stromverbrauch, ist auch die monatliche Gebühr nicht konkurrenzfähig. Klar, bei 1&1 kosten 250mbit/s ebenfalls 50€ im Monat, allerdings schließt du hier nur das Modem an und es kann losgehen. Kein suchen des passenden Spots für den Spiegel oder gar Umbaumaßnahmen. Hinzu kommt der einmalige Kaufpreis von 349€ oder 10€/Monat für die Hardware. Damit wird der Monatspreis noch mal angehoben. Für den einfachen Anwender ist der Starlink Router auch ausreichend, wer aber mehr Freiheiten beim konfigurieren haben möchte, muss zusätzlich dann noch einen separaten Router kaufen (Mein Way-2-Go Ubiquiti Alien (Hier gehts zu Amazon). Alternativ ist der TP-Link Archer auch sehr, sehr krass). Unterm Strich wird es so teurer als über konventionelle Wege.
Fairerweise muss ich jedoch ergänzen, rückt all das in den Schatten, wenn Starlink die einzige Option für Breitbandinternet darstellt. Dann können die Mehrkosten eine untergeordnete Rolle spielen.
Apropos WLAN: Die Starlink App bietet, im Zusammenspiel mit dem Starlink Router die Option, dass WLAN im Haus zu messen. Du packst dir dein Handy, startest den Scanner und läufst deinen Wohnbereich ab. Die App erzeugt dann ein Wabenmuster in dem farblich dargestellt wird, wie gut die Verbindungsqualität ist. Cool!
Fazit: Für wen lohnt sich Starlink?
Eigentlich ist die Antwort eindeutig: Wenn du Starlink nicht zwingend benötigst, dann hol es dir nicht. Es ist einfach grundsätzlich teurer und bietet dir wenige Konfigurationsmöglichkeiten. Auch ist das Setup mit dem Aufstellen der Satellitenschüssel vermutlich umständlicher als einen Router an den Kupfer- oder Glasfaseranschluss anzustecken. Aber wenn du Starlink brauchst und es dir holst, dann wird es seinen Dienst sehr gut verrichten – unter der Voraussetzung, dass Starlink klare Sicht auf den Himmel hat. Und um die falschen Gerüchte von Unwissenden gleich auszuräumen: Ein vollständig wolkenbedeckter Himmel macht überhaupt nichts! 😉
Spannend ist Starlink auch für Camper. Wer Kosten sparen will, stellt seinen Anschluss auf Starlink um und hat fortan auch unterwegs schnelles und stabiles Internet. Alternativ kann Starlink aber auch eine gute Ergänzung sein. Wer hauptsächlich aus dem HomeOffice heraus arbeitet, kann sich so eine Ausfallsicherheit schaffen – das muss man sich dann aber auch leisten wollen!
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