Viele Jahre saß ich stets wie ein Klotz vor einem Bildschirm, welcher mein Lebensinhalt definierte. Ich vernachlässigte unabsichtlich Menschen, welche nichts anderes wollten als Zeit mit mir zu verbringen, doch habe ich dies nie wahrgenommen. Nichts war spannender und aufregender als die Weiten des Internets mit all seine Facetten zu studieren und einen Fußabdruck in der digitalen Welt zu hinterlassen. Das war mein Leben. Heute weiß ich, dass das Leben erst dann lebenswert ist, wenn man sich vom Bildschirm wegbewegt und sei es nur für einen kurzen Trip.

Und genau so begann meine Reise ins nördlich gelegene Dänemark – um präziser zu sein – auf die Insel Rømø.

Wer mich kennt, der weiß, dass ich mich vor einer Reise nie so richtig organisiere sondern immer einfach darauf los fahre. Ich checke zuvor nur die Route um meine Ladestops zu planen und dann starte ich schon durch. Auch dieses Mal war es nicht anders, wobei ich ausnahmsweise mal aus einem lustigen Grund meinen Stromer viele Kilometer über den Asphalt jagte: Der überraschende Besuch von Freunden!

670 Kilometer für einen Gag

Es mag seltsam erscheinen, doch ich finde inzwischen, dass der Alltag mit viel Spontanität nicht nur aufgebrochen sondern auch aufregend gestaltet werden kann. Und daran wollte ich auch festhalten, als der Beschluss feststand mit dem Auto nach Dänemark zu fahren. Freunde machten dort in einem Ferienhaus Urlaub und ich schrieb regelmäßig mit ihnen. Anlaufpunkt war René – mit René zockte ich zuvor regelmäßig mit der VR Brille und kurz vor seinem Urlaub hatten wir irgendwie jeden Samstag ein paar Runden in der virtuellen Welt verbracht. Jedesmal bei ihm Zuhause. Nachdem mir dass bewusst geworden war, stellte ich mir selbst die Frage, weshalb es dieses Mal anders sein sollte? In was für Gesichter würde ich blicken, wenn ich plötzlich – unangekündigt – vor der Tür stehen würde? Und damit wurde die Idee geboren, in das Auto zu steigen und die Strecke auf mich zu nehmen.

Ich nahm mir spontan den Freitag frei um etwas mehr Luft zu haben, denn der Plan war am Donnerstag nach Arbeitsende bereits einen Großteil der Strecke hinter mir zu lassen. Eine kurze Übernachtung auf einem Autohof kurz vor der Grenze plante ich fest mit ein, sodass der nächste Tag früh beginnen konnte, damit ich dann zur Frühstückszeit da sein kann. Aber zuvor galt es noch die Sache mit der Übernachtung zu klären. Ich konnte ja schlecht Fragen, ob es noch irgendwie ein Bettchen für mich gibt, weshalb ich anfing Hotels und Ferienhäuser zu studieren. Ich kann euch sagen: Nicht nur während sondern auch in der Ferienzeit einen Unterschlupf zu finden, gestaltete sich als schwierig aber für mich stand fest, dass ich das irgendwie hinbekommen muss. Als wäre es so gewollt gewesen, fand ich eine Ferienhütte welche nur noch für zwei Übernachtungen zur Verfügung stand und das auch noch von Freitag bis Sonntag. Ich wäre ja gern länger geblieben, aber im Auto schlafen war auch keine Option. Wer mich kennt, der weiß, dass das lange Zeit für mich die einzige Option war – Und dieses mal musste es einfach ein Bett sein plus Bad mit fließendem Wasser. Und genau das habe ich bekommen.

Es ging also tatsächlich am Donnerstag los, ich machte extra noch eine Stunde früher Feierabend. Leider schaffte ich es nicht mehr bis an die Grenze, sondern musste gut eine Stunde davon entfernt meine Fahrt am späten Abend pausieren. Ich war auch irgendwie geschlaucht und fragte mich, ob ich es wirklich schaffen werde, zur Frühstückszeit anzukommen. Es würde bedeuten sehr früh aufstehen zu müssen, denn es waren in Summe noch gut 2 Stunden Fahrt und noch mindestens eine Ladepause. Ich entschloss mich dazu, einfach die Augen zu schließen und dann loszufahren, wenn ich wieder wach werde – zur Not komm ich dann eben zur Mittagszeit.

Wollen wir schnell eine Rauchen? Äh, ja!?

Ich rechnete damit erst gegen 08:00 oder 09:00 aufzuwachen, doch bereits um 06:15 Uhr öffneten sich meine Augenlieder. Ich ging also kurz auf die Toilette des Autohofes um mich frisch zu machen und meine Zähne zu putzen, kaufte mir einen Cappuccino und startete meine Reise ganz gemächlich. Ich war früh dran, doch vor 9 Uhr anzukommen schien mir nicht mehr realistisch, weshalb ich mich mehr darauf konzentrierte die Umgebung zu genießen ehe ich dann endlich über die Grenze fuhr. So circa 20 Minuten vor Ankunft, machte ich noch einen Ladestop bei einem McDonalds und aß einen Tasty Burger – das ist praktisch der Big Tasty Bacon im Cheeseburger-Format. Wieso haben wir sowas nicht hier!? Die Zeit rannte und ich wollte endlich ans Ziel, denn die Gefahr war groß dass ich dort ankomme und niemand ist mehr da, weil alle gesammelt in der Stadt umher wandern oder am Strand liegen. Also verzichtete ich auf ein Vollladen der Batterie und fuhr mit nur 40% los – was sich später noch als Fehler herausstellen sollte – aber nun war ich erst mal unterwegs und auch unmittelbar vor der Tür. Ich rief kurz an. Eine verpennte Stimme begrüßte mich woraufhin ich fragte, ob wir nicht zusammen eine rauchen wollen. Das Angebot wurde angenommen, vermutlich weil man dachte, dass wir am Telefon zusammen eine qualmen werden. Ich fuhr noch ein Stück vor, stieg aus und kam einfach ums Haus gelaufen. Während mich eine Frau völlig ungläubig ansah schaute René mich an, begrüßte mich noch mal mit einem „Ja, Moin!“ und zündete sich eine Zigarette an. Es dauerte gefühlt 5 Minuten ehe er verstand, was hier gerade passiert. Das Bild war göttlich!

Der späte Morgen startete wirklich sehr cool. Gemeinsames Beisammensein, Kaffee und ausgiebige Geschichten der letzten Tage wurden erzählt. Und unzählige Male hörte ich, dass ich sie wohl nicht mehr alle hab. 🙂
Es gab Gott sei dank kein gezicke, ich wurde nicht als ungebetener Gast oder gar als Fremdkörper wahrgenommen sondern war direkt integriert. Also machten wir Pläne für die nächsten Tage um diese gemeinsam verbringen zu können.

Eine Insel mit zwei Stränden…

Als erstes stand ein Strandtag an und das bei windigen und kühlen Temperaturen. Es war nicht kalt, aber eben auch nicht warm und irgendwie kein Badewetter aber das hielt uns nicht davon ab dennoch ins Meer zu Stiefeln und Wellen zu reiten. Es war fantastisch! Möwen flogen mir über den Kopf, während eine Welle nach der anderen meinen Körper umzuwerfen versuchte. Ich fand es schon irgendwie ein Highlight mit dem Auto auf dem Strand zu fahren und dieses Bild des Horizonts auf mich wirken zu lassen, aber der Trip nach Rømø hatte sich schon jetzt während des Badens gelohnt. Wir verbrachten sehr viel Zeit am Strand und im Wasser, liefen umher, sammelten Muscheln und genossen einfach die Sonne während der Wind uns um die Ohren flog. Es war wirklich schön.

Wobei man sagen muss, dass es etwas hackelig anfing, denn die Insel Rømø besitzt zwei Strände und wir waren anfangs an einen anderen Strand gefahren. Hier war die Hölle los. Ebbe, soweit das Auge reichte. Irgendwie nicht sehr einladend und befürchteten schon, dass das schwimmen ausfallen könnte. Wir versuchten es nach langem hin und her aber dann doch noch mit der anderen Seite der Insel und haben es, wie eben schon geschrieben, nicht bereut.

Am Abend haben wir zusammen gegrillt und natürlich mit unseren VR-Headsets eine Runde im Freien gezockt, nachdem die Sonne untergegangen war. Es war ein erfolgreicher, schlauchender aber spaßiger Tag und ich war so froh, als ich dann am sehr späten Abend ins Bett fallen durfte.

Am nächsten Tag stand das gemeinsame Frühstück an um anschließend nach etwas Pause die Strandpromenade unsicher machen zu können. Ich kann euch sagen, in Rømø gibt es eigentlich nichts. Shopping lohnt sich hier nur, wenn man bereit ist, viel viel Geld auszugeben. Natürlich gab es auch die obligatorischen Souvenirs aber mehr war dann auch nicht mehr drin. Wir liefen gemeinsam den gesamten Tag einfach über die Insel bis zum Hafen, beobachten Möwen und Pinguine (Ja, irgendeine spezielle Gattung ließ sich dort nieder) und taten einfach nichts außer uns zu unterhalten. Am Abend fuhren wir gemeinsam einkaufen, denn wir wollten erneut den Tag gemeinsam ausklingen lassen, diesmal mit selbstgemachte HotDogs. 🌭

Während des Einkaufen kam René auf die Idee, ganz schnell noch mal an den Strand zu fahren. Vom Lidl aus war er nur fünf Autominuten entfernt und die Sonne ging gerade unter. Wir waren Kleidungstechnisch nicht auf den kühlen Wind vorbereitet aber diesen Anblicken ließen wir uns nicht entgehen. Aus den geplanten paar Minuten wurde ein-einhalb Stunden wo wir Fotos schossen, den Sonnenuntergang beobachteten und im Sand umher rannten. Es fühlte sich ein Stück weit nach Familie an. Es war wirklich Wahnsinn. Wahnsinn war auch der Umschwung des Wetters, des plötzlich rasten Gewitterwolken auf uns zu. Als ab ins Auto und zurück zum Ferienhaus, wo es dann auch direkt anfing in Strömen zu regnen. Mit vollem Magen, einigen Runden Billard und lustigen Gesprächen im Regen ging der Abend zu Ende.

Auf dem Weg in die Richtung meines Ferienhauses schaute ich auf den Akkustand und war etwas entsetzt. Die Fahrten zwischen den Ferienhäusern, an den Strand und zu den Geschäften haben mehr Strom gesaut als ich annahm. 8% prangerte am Display – ich musste nicht lange rechnen um herauszufinden, dass das nicht bis zur nächsten Ladesäule auf dem Festland reichen würde, doch habe ich in der Nähe der Strandpromenade eine Ladesäule gesehen – ich bog in letzter Sekunde in eine andere Straße ein und steuerte die Ladesäule an. Mit 6% angekommen, steckte ich das Kabel ins Auto, hielt meine Elli-Card an die Säule und… nichts passierte. In der App wurde die Säule nicht gefunden, was mich erst überraschte, doch dachte dann, dass sie vielleicht einfach nicht von Elli supportet wird. Ich zog also die EnBW Karte, hielt sie an die Säule und… wieder nichts! Hier tauchte die Säule in der App auf, aber ich konnte sie nicht ansteuern. So langsam wurde ich unruhig, schnappte meine restlichen Ladekarten und hielt sie an die Säule. Plugsurfig – nix. Shell Recharge – nix. ChargePoint – nix. Maingau – ebenfalls nix. In letzter Verzweiflung öffnete ich die Elvah App, sie hat mich europaweit noch nie enttäuscht. Ich suchte die Ladesäule, doch konnte sie nicht finden. Ein scannen des QR Codes der Säule, brachte ebenfalls nichts. Völlig verzweifelt, begann ich zu googeln und fand dann dänische Ladeapps, welche ich mir kurzerhand installierte.

Blöd nur, dass diese alle auf Dänisch sind und ein umstellen auf Englisch wirklich zur Geduldsprobe wurde. Ich fand die Ladesäule und startete den Ladevorgang – als er abbrach, da keine Zahlungsdaten hinterlegt sind. Also zimmerte ich meine Kreditkarte in die Einstellungen nur um dann gesagt zu bekommen, dass meine Karte nicht akzeptiert wird. Ich war fix und fertig. Noch nie hatte ich derartige Schwierigkeiten, ich konnte nicht glauben was hier gerade passiert. Dem Himmel sei dank, besitze ich noch eine zweite Kreditkarte, welche dann auch funktionierte und ich konnte endlich mit dem Laden beginnen. Nach 20 Minuten am 50kw Lader, zog ich das Kabel und fuhr schnurstracks ins Bett.

Auf Wiedersehen!

Am Tag darauf packte ich meine Sachen zusammen und fuhr wieder zu René, denn mein Abschied stand an. Wir wollten noch gemeinsam frühstücken ehe ich die lange Heimreise antrete und ich wollte davor noch beim Bäcker vorbei um ein paar Leckereien zu organisieren. 8 Crossaint und 10 Brötchen kosten da mal schnell 40€ – Wow. Aber sie waren es wert!

Der Abschied kam dann am frühen Mittag und es fiel mir wirklich unglaublich schwer loszufahren. Der Strand, die Umgebung und die Menschen machten diese 2-3 Tage für mich zu einem perfekten Kurzurlaub, der eigentlich nur stattfand, weil ich jemanden überraschen wollte.

Ich würde es jederzeit wieder tun!

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